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Smarte Hörhilfen
Moderne Hörsysteme sind stylish und dank 2,4-Gigahertz-Technologie steht ihnen die Welt offen. Richtig vernetzt sind sie sogar ein idealer Kompagnon im Internet der Dinge.
Autor: Inge Schwabe • 15.3.2017 • ca. 4:55 Min
Schauen Sie mal bei Wikipedia unter ‚Wearable‘, da finden Sie Hörgeräte ganz vorne“, pries uns ein Pressemann das Thema an. In der Tat: nach dem Walkman von 1979 folgt an Position zwei der Herzschrittmacher und dann auch schon das Hörgerät. Wearables der ersten Stunde. Spannend sind aktuell die Parallelen zwischen den medizinischen Hilfsmitteln und der Unterhaltungselektronik. So brachte das Startup Bragi das erste „Hearable“ auf den Markt: The Dash, die ersten absolut kabellosen In-Ears und die ersten mit zwei Drahtlostechnologien – Bluetooth für die Verbindung zum Smartphone, Near-Field Magnetic Induction (NFMI) für die Synchronisation der beiden Ohrstecker.
NFMI-Verbindungen sind stabiler als Bluetooth und werden daher auch für Hörhilfen genutzt. Die von Bragi konzipierte Energieversorgung wurde inzwischen mehrfach kopiert und inspirierte offenbar auch die Hörgeräteindustrie. Aktuell beherrschen hier noch Einwegbatterien den Markt, die je nach Größe und Einsatz alle ein bis drei Wochen gewechselt werden müssen. Frühere Versuche mit wiederaufladbaren Batterien waren wenig erfolgreich, und so vertraut Phonak, eine zur Schweizer Sonova Holding AG gehörige Hörgerätemarke, bei seinem Modell Audéo B-R erstmals auf Lithium-Ionen-Akkus, wie sie auch bei Wearables mittlerweile Standard sind. Zum Laden wird das Set allabendlich in eine Schale gelegt. Der Clou: Wie bei Bragi ist die Ladeschale gleichzeitig eine Transportbox und eine Powerbank, die bis zu sieben Ladezyklen fernab der Steckdose ermöglicht. Zudem besitzen die Audéo B-R eine IP68-Zertifizierung, müssen also am Badesee nicht zwingend herausgenommen werden und stehen einem aktiven Lebensstil nicht im Weg.
Technisch eine Höchstleistung
Technisch betrachtet leisten die bisweilen recht farbenfrohen Minicomputer ohnehin Unglaubliches. Die Besten unter ihnen scannen ihre Umgebung akustisch bis zu 500 Mal in der Sekunde, erkennen und analysieren Stimmen und Störgeräusche und verstärken oder dimmen sie für das bestmögliche Hörerlebnis ihrer Nutzer. Die Königsdisziplin stellt eine Unterhaltung mit mehreren Personen in lauter Umgebung dar, bei der die Gesprächspartner allesamt gut durchdringen, während Nebengeräusche so gedämpft werden, dass die Raumwahrnehmung bleibt. Ein Balance-Akt, Geräuschunterdrückung par excellence.
Bose und Co können da nicht mithalten. Deren Kopfhörer kosten aber auch nur einen Bruchteil dessen, was man für derart hoch technisierte Hörgeräte zahlen muss: Bis zu 3000 Euro können auf der Rechnung stehen – je Ohr. Die Krankenkassen übernehmen bei vorliegender Hilfsmittelverordnung etwa 700 Euro pro Stück und weisen nicht zu Unrecht darauf hin, dass für die zuzahlungsfreien Modelle bereits ein Standard festgeschrieben wurde, der vor wenigen Jahren noch als Luxus galt. Darüber hinaus bestimmen Faktoren wie die Anzahl der Kanäle, Klangfarbe und Intelligenz der Geräuschanalyse die Komfort- und Preisstufe.
Nicht alle Hörgeräte kann man bereits mit einem Smartphone verbinden. Erst ab etwa 1200 Euro bieten die meisten Hersteller sogenannte smarte Hörgeräte an, die sich über Apps komfortabel steuern lassen. Je nach Hersteller kann man folgende Funktionen abfragen, fernbedienen oder ergänzen: Lautstärke, Bass- und Höhen-Balance, Richtungseingrenzung der Schallquelle, Tinnitus-Programme, Batteriestatus und natürlich die Wahl des Hörprogramms für die jeweilige Situation und Umgebung, wie gegebenenfalls eine automatische Umschaltung auf Basis von Geotags. Bei vielen Herstellern übernimmt ein Bluetooth-Empfänger mit Telefonspule (für die Übertragung auf die Hörgeräte) die Vermittlung, der an der Kleidung befestigt oder um den Hals getragen wird. Modell-, preis- und zubehörabhängig lassen sich über den Empfänger zusätzlich Audioquellen wie ein TV-Streamer, ein externes Mikrofon oder ein DECT-Telefon aufschalten.
Vor drei Jahren stellte die GN-Tochter ReSound das erste Hörgerät mit eigener integrierter Bluetooth-Antenne und der Bezeichnung „Made for iPhone“ vor: Ab iOS 7 hat Apple sein Betriebssystem um Basisfunktionen für Hörsysteme erweitert, die sich seitdem bereits ohne spezielle App über das iPhone-Systemmenü steuern lassen. Nägel mit Köpfen machten die Kalifornier auch bei der Übertragung von Musik- und Telefongesprächen und implementierten on top das Feature „Live-Mithören“, mit dem das iPhone zum Mikrofon und entsprechendes Zubehör der Hörgerätehersteller überflüssig wird. Kompatibel sind alle Modelle ab dem iPhone 4s mit mindestens iOS 7 sowie mittlerweile zahlreiche Hörgeräte verschiedener Hersteller. Apple listet sie auf einer Support-Seite zum Thema „Made for iPhone“.
Bei Android ist die Entwicklung noch nicht so weit. Der eingangs erwähnte Bluetooth-Empfänger, der separat am Körper getragen wird, vermittelt Steuerbefehle und gegebenenfalls auch Musik und Telefonate, wobei der Funktionsumfang im Einzelnen modellabhängig ist. Die zubehörlose Kommunikation mit neueren Bluetooth-Hörgeräten, von denen einige nun auch die Bezeichnung „Made for Android“ tragen, ist derzeit aber noch eingeschränkt. Insbesondere können Musik und Telefongespräche noch nicht übermittelt werden, weil das Standard-Bluetooth-Protokoll für Wearables – Bluetooth LE oder auch Bluetooth Smart – in seiner jetzigen Form keine Audiodaten überträgt.
Und auch die Fernsteuerung durch das Android-System, das in vielen Facetten vorliegt, gestaltet sich schwieriger. Um Ärger vorzubeugen, weisen die Hersteller kompatible Androiden bereits in ihrer App-Beschreibung im Play Store aus, darunter oft Samsung-Galaxy-Modelle. Fazit: Die direkte Steuerung der neuen Hörgeräte mit integrierter Antenne ist mit einigen ausgewählten Android-Smartphones möglich, Telefonie und Musikhören erfordert nach wie vor Zubehör. Apple hatte den Stein ins Rollen gebracht und ganze Arbeit geleistet, sich dabei aber auf sein eigenes Betriebssystem beschränkt.
Mit dem aktuellen Linx² ist ReSound auch Partner im Pilotprojekt „DB Information 4.0“ der Deutschen Bahn: Was die Mitarbeiter hinter dem Tresen mitteilen, sendet deren Mikrofon direkt auf die Hörgeräte. Nach erfolgreicher Erprobung – der Pilot steht am Berliner Südbahnhof – sollen nach und nach alle 82 Infostände umgerüstet werden. In einem weiteren Projekt will die Deutsche Bahn Menschen mit Hörbehinderung über die App „DB Barrierefrei“ mit relevanten Sprachnachrichten zu ihren Zugverbindungen versorgen, die ebenfalls direkt auf die Hörgeräte geschaltet werden sollen. Ein Service, den sich so mancher Bahnreisende wünschen würde – auch ohne Hörschädigung.
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Globale Vernetzung
Welches Potenzial in der Vernetzung von Hörgeräten steckt, demonstriert der dänische Hersteller Oticon durch seine Präsenz im Internetportal ifttt.com („If this than that“). Ganz allgemein verbindet das Portal Geräte und Dienste, die an sich nichts miteinander zu tun haben, reagiert auf den einen und triggert den anderen, eine entsprechende Anweisung vorausgesetzt. Konkretes Beispiel: Meldet eine Smart-Home-fähige Haustürklingel dem Portal einen Besucher, wird die Oticon-App angewiesen, eine Nachricht auf die Hörgeräte zu geben. Weil die Verknüpfung über das Internetportal ganz unabhängig vom heimischen WLAN ist, muss man hierfür nicht einmal zu Hause sein und kann in die umgekehrte Richtung noch eine Nachricht schicken. Das Potenzial ist enorm und kann Leben retten, man denke nur an die Kopplung mit Alarmanlagen oder Rauchmeldern.
Koppeln, Steuern, Telefonieren, Musikhören – dass nicht alle Hörgeräte und Smartphones miteinander harmonieren, belegen viele Rezensionen und Forenbeiträge. Zum Glück muss man die Katze nicht im Sack kaufen: Hörakustiker bieten es an, Krankenkassen erwarten sogar, dass man Hörgeräte über mehrere Tage im persönlichen Umfeld testet und ausdrücklich verschiedene Modelle ausprobiert. Was in erster Linie der Wahl einer persönlich optimalen Hörhilfe gilt, gibt durchaus auch Gelegenheit für ein Ausprobieren der technischen Möglichkeiten.
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